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Frei nach Stromberg: Wir sind Kollegen, keine Freunde – Lästern über den Chef


08.04.2014

Am Arbeitsplatz geht es nicht immer harmonisch zu. Nicht selten werden auf der Arbeit kleinere oder größere Konflikte ausgetragen. Wer dabei mit Arbeitskollegen über den Chef lästert, kann jedoch nicht ohne weiteres fristlos gekündigt werden. Das hat das Arbeitsgericht Essen entschieden (Az.: 2 Ca 3550/12). Ein Arbeitnehmer ist nämlich nach Auffassung des Gerichts nicht dazu verpflichtet, ausschließlich positiv über seinen Arbeitgeber zu denken.

Im Fall ging es um eine Mitarbeiterin eines mittelständischen Unternehmens, die 17 Jahre lang im Marketing tätig war. Nach einer Firmenübernahme wechselte auch der Geschäftsführer. Mit dem alten Geschäftsführer hatte die Mitarbeiterin sich sehr gut verstanden und galt als dessen Vertraute. Ihr wurde nach der Firmenübernahme das Angebot unterbreitet, zu unveränderten Arbeitsbedingungen in einer anderen Gesellschaft der Unternehmensgruppe arbeiten zu können. Der neue Chef stellte sie gleichzeitig frei und erteilte ihr zudem Hausverbot. Als Vertraute des alten Geschäftsführers war sie offensichtlich nicht am selbigen Ort gewünscht.

Knapp einen Monat später wurde die Klägerin dann fristlos gekündigt. Sie habe sich in vertraulichen Telefonaten mit mehreren Kollegen über ihren neuen Chef in ehrverletzender Weise geäußert. Sie habe ihn u. a. als „Heini“, „Pisser“ und als „hinterfotzig“ tituliert. Das jedoch hatte die Klägerin ausdrücklich bestritten. Sie klagte gegen die fristlose Kündigung und erhielt Recht.

Das Arbeitsgericht Essen war zwar grundsätzlich der gleichen Rechtsauffassung wie der Arbeitgeber, allerdings läge in diesem speziellen Fall keine Ehrverletzung vor. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass die Vorwürfe zuträfen, würden sie keine fristlose Kündigung rechtfertigen. Eine Ehrverletzung in Form einer Beleidigung verlange, dass die Klägerin davon ausging, dass der Beleidigte von den Lästereien erfahren müsse. Das war aber gerade nicht der Fall. Vielmehr ging die Gekündigte davon aus, dass sie mit langjährigen und teilweise sogar befreundeten Kollegen vertrauliche Telefonate führte. Sie vertraute insoweit auf deren Verschwiegenheit.

Im Einzelfall kann eine grobe Beleidigung eine fristlose Kündigung aber rechtfertigen, wenn die Äußerungen etwa das Betriebsklima massiv beeinträchtigen oder bewusst die Autorität eines Vorgesetzten untergraben wird. Da hier allerdings  vertrauliche Gespräche stattfanden und die Klägerin auch davon ausging, war die Beleidigung nicht nach außen gerichtet. Die Kündigungsschutzklage hatte deshalb Erfolg.

In der Praxis sollte dennoch auf solche Äußerungen verzichtet werden. Denn immer wieder gibt es Kollegen, die versuchen aus derlei Situationen Kapital zu schlagen und auf einen Karrieresprung hoffen. Dann ist die Versuchung des Petzens groß. Und ist das Klima erstmal vergiftet, wird der Spaß an der Arbeit sicher schnell massiven Schwund erleiden.

Autor: RA Philipp Wesemann

 
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